Kranken-/Pflegeversicherung

Ritalin - Kostenübernahme für Erwachsene

Die künstliche Befruchtung und die Kostenerstattun

Künstliche Befruchtung

Die künstliche Befruchtung und die Kostenerstattung durch die gesetzliche Krankenkasse

Einleitung
Bei gesunden Paaren mit regelmäßigem Geschlechtsverkehr an den fruchtbaren Tagen kommt es in der Regel innerhalb der ersten drei Zyklen zu einer Befruchtung. Pro Zyklus besteht eine 27-30 %-tige Chance einer Schwangerschaft. Bereits nach 6 erfolglosen Zyklen muss eine leichte Einschränkung der Fruchtbarkeit angenommen werden. Nach weiteren 6 Zyklen geht man von einer erheblichen Einschränkung oder Chance auf eine spontane Empfängnis aus. Nach 48 Monaten bestehen nur noch sporadische Aussichten auf eine natürliche Schwangerschaft.

Nachfolgend werden zunächst allgemeine Informationen über die Gründe und Therapiemöglichkeiten einer künstlichen Befruchtung aufgezeigt werden. Im Anschluss gehe ich dann auf die gesetzlichen Grundlagen ein. Diese Darstellung soll Ihnen einen groben Überblick über die Voraussetzungen einer Zuzahlung Ihrer gesetzlichen Krankenkasse geben. Für die Besonderheiten Ihres konkreten Falles ist eine Rücksprache mit einem Anwalt in jedem Fall eine gute Entscheidung, um einen Reibungslosen Ablauf zu gewährleisten und wird dringend angeraten.

Gründe und Therapiemöglichkeiten:
Erkrankungen der Frau, die zu einer Kinderlosigkeit führen können:

 Störung der Eierstockfunktionen mit der Konsequenz einer gestörten Eizellreifung

 Hormonelle Störungen der Hirnanhangdrüse, der Schilddrüse, der Nebennierenrind sowie andere körperliche Erkrankungen wie Diabetes,

 Störungen der Leber- oder Nierenfunktion und schwere Infektionskrankheiten

 Fehlbildung oder entzündliche Veränderungen der Eileiter mit nachfolgendem gestörtem Eitransport (am häufigsten sind Verwachsungen)

 Endometriose: Gebärmutterschleimhaut liegt außerhalb der Gebärmutter, z.B. am Eileiter

 Immunologische Sterilität: Antikörper gegen Ei- oder Samenzellen

 Chromosomenanomalien

Erkrankungen des Mannes, die zu einer Kinderlosigkeit führen können:

 Gestörte oder fehlende Hodenfunktion, z.B. durch eine Mumpsinfektion

 Vorausgegangene Strahlen- oder Chemotherapie nach Tumorleiden

 Bakterielle Verunreinigung des Samens

 Samenleiterverschluss

 Immunologische Sterilität

 Chromosomenanomalien

Bei 15 % aller Paare lässt sich allerdings keine Ursache für den unerfüllten Kinderwunsch finden. (vgl. pro familia Broschüre - unerfüllter Kinderwunsch - 2004)

Möglichkeiten der Therapie:

1. Hormonelle Stimulation der Frau

2. Insemination
Bei der Insemination werden die durch Masturbation gewonnenen Spermien gereinigt und die beweglichen Samen werden konzentriert und dann direkt in die Gebärmutter gebracht. - Dieses Verfahren wird meist bei leichten Fruchtbarkeitsstörungen des Mannes angewendet. –

3. Insemination mit Spendersamen Die Insemination mit Spendersamen wird beispielsweise bei:

 Erbkrankheiten,

 Keine befruchtungsfähigen Spermien vorhanden,

 Schwerwiegenden Infektionen wie z.B. HIV oder,

 Bei alleinstehenden oder lesbisch lebenden Frauen angewendet.

Auf die rechtlichen Problematiken wird in einem separaten Artikel eingegangen.

4. In-vitro-Fertilisation (IVF)
Die in-vitro-Fertilisation oder die Zeugung in der Glasschale wird meist bei Eileiterverschluss oder sehr stark eingeschränkter Qualität der Samenzellen oder als nächste Therapie nach der hormonellen Stimulation und der Insemination angewendet. Bei dieser Therapie wird die Frau zunächst hormonell Stimuliert. Die durch diese Stimulation entstandenen Eizellen werden sodann aus dem Eierstock abgesaugt (transvaginale Follikelpunktion). Die entnommenen Eizellen werden dann in der Glasschale mit Spermien befruchtet. Diese befruchteten Embryonen verbleiben dann 24-48 Stunden im Wärmeschrank bevor sie dann in die Gebärmutter übertragen werden (Embryotransfer).

5. Intratubarer Gametentransfer (GIFT)
Der intratubare Gametentransfer ist eine Befruchtung im Körper. Bei einer Bauchspiegelung werden Eizellen abgesaugt und direkt mit aufbereiteten Samenzellen in den Trichter (Tube) des Eileiters gebracht. Diese Therapie wird meisten in folgenden Fällen angewendet:
 Langjährige Sterilität der Frau, auch bei ungeklärter Ursache

 Männliche Fertilisationsstörungen

 Endometriose (wenn durch die Verklebungen im Bereich des Trichters das Auffangen der Eizelle nach dem Eisprung behindert wird)
6. Intracytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI)
Bei der intracytoplasmatischen Spermieninjektion wird unter dem Mikroskop ein einzelnes Spermium in eine dünne Pipette aufgezogen und direkt in die Eizelle injiziert.

7. MESA/TESE
Die MESA oder TESE ist die Samengewinnung aus dem Nebenhoden oder aus dem Hoden. In 75 % aller Fälle werden Spermien gefunden.

8. Einfrieren von Eizellen
Zellen im Vorkernstadium, d.h. die Samenzelle ist bereits in die Eizelle eingedrungen, eine Verschmelzung der Erbanlagen hat aber noch nicht stattgefunden, werden eingefroren.

Die gesetzlichen Voraussetzungen
Das Gesetz macht zwischen der Krankenbehandlung zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit und zwischen den Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung einen Unterschied.
Alle Maßnahmen, die der Herstellung oder Wiedergewinnung der Zeugungsfähigkeit dienen, sind grundsätzlich von der Krankenkasse zu ersetzen und haben vor einer künstlichen Befruchtung zu erfolgen.

Maßnahmen zur Herstellung der Zeugungsfähigkeit sind zum Beispiel:

 Alle chirurgischen Eingriffe, die zur Wiederherstellung der natürlichen Zeugungs- bzw. Empfängnisfähigkeit führen (z.B. Beseitigung von Engstellen in den Eileitern der Frau oder Fertilisierungsoperation)

 Verordnungen von Medikamenten (Hormonen)

 Psychotherapeutische Behandlung

Erst wenn diese Therapien nicht den gewünschten Erfolg gebracht haben, nicht durchführbar sind oder nicht zumutbar sind ist eine künstliche Befruchtung zulässig.

Die gesetzliche Krankenkasse übernimmt die Hälfte der Kosten, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
1. Erforderlichkeit nach ärztlicher Feststellung,

2. hinreichende Erfolgsaussichten auf eine Schwangerschaft,

3. NUR verheiratete Paare,

4. ausschließliche Verwendung eigener Ei- und Samenzellen,

5. Unterrichtung durch einen Arzt über Maßnahme (Insemination nach Hormonbehandlung, IVF mit ET oder EIFT, GIFT oder ICSI) mit der anschließenden Überweisung an einen anderen Arzt, welcher die Genehmigung nach § 121a SGB V besitzt,

6. Mindestens das 25. Lebensjahr vollendet,

7. die Frau höchstens 40 Jahre alt ist,

8. der Mann höchstens 50 Jahre alt ist und

9. der Krankenkasse vor Beginn der Maßnahmen ein Behandlungsplan zur Genehmigung vorgelegt wurde. (Muster Behandlungsplan)

10. Grds. besteht kein Anspruch auf Leistung nach einer medizinisch nicht notwendigen Sterilisation. (Ausnahmen sind möglich)

11. Beide Ehepartner müssen HIV-negativ sein

12. Die Frau muss einen ausreichenden Schutz gegen die Rötelninfektion haben

Sollten Sie Fragen haben, können Sie mir gerne auch eine E-Mail zukommen lassen. sk@ihr-rechtsanwalt.eu

Ritalin - Off-Label-Use

Keine Kostenübernahme - Kein OFF-LABEL-USE von Ritalin für Erwachsene
Das Bundessozialgericht hat in seiner Entscheidung vom 30.06.2009, B 1 KR 5/09 R entschieden, dass Erwachsene gesetzlich Krankenversicherte keinen Anspruch auf zulassungsüberschreitende Anwendung eines nur zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen zugelassenen Arzneimittels haben.
Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Der Kläger hatte bereits in seiner Kindheit ADHS, welches sich nach Eintritt seines 18. Lebensjahres erneute zeigte. Er bekam auf privatärztliche Verordnung das Arzneimittel Ritalin; Concerta. Ein Antrag auf Kostenübernahme lehnte die Krankenkasse mit der Begründung ab, dass die nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erforderlichen Voraussetzungen für eine zulassungsüberschreitende Anwendung der Arzneimittel auf Kosten der Krankenkassen nicht erfüllt seien –
"Der Kläger leide nicht an einer die Lebensqualität nachhaltig beeinträchtigenden Erkrankung; die Krankheit könne auch durch Psychotherapie behandelt werden; zudem reiche die Studienlage für eine Arzneimittelzulassung der Mittel auch für Erwachsene mit ADHS nicht aus."

Aus den Entscheidungsgründe:
Zur Einstandspflicht der gesetzlichen Krankenkasse gelangt man grundsätzlich über § 2 Abs. 1 Satz 1, § 12 Abs. 1 SGB V und § 27 Abs 1 Satz 2 Nr. 1 und 3, § 31 Abs. 1 Ssatz 1 SGB V sowie § 21 Abs. 1 AMG.
"Arzneimittel sind mangels Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 2 Abs 1 Satz 1, § 12 Abs 1 SGB V) nicht von der Leistungspflicht der GKV nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 1 und 3, § 31 Abs 1 Satz 1 SGB V umfasst, wenn ihnen die nach § 21 Abs 1 Arzneimittelgesetz erforderliche arzneimittelrechtliche Zulassung fehlt. Eine arzneimittelrechtliche Zulassung in diesem Sinne liegt nur vor, wenn das Arzneimittel die Zulassung gerade für dasjenige Indikationsgebiet besitzt, in dem es im konkreten Fall eingesetzt werden soll."

Ritalin, Concerta und andere methylphenidathaltige Arzneimittel haben Zulassungen nur für das Indikationsgebiet Kinder und Jugendliche. Ein erneuter Antrag der Firma Medice auf Zulassung eines Methylphenidat-Präparates zur Behandlung der ADHS bei Erwachsenen wurde durch die nationale Zulassungsbehörde (BfArM) im Juli 2010 abgelehnt.
Fraglich wird hier allerdings was insbesondere unter dem Begriff Jugendlicher zu verstehen ist. Ein Höchstalter von 18 Jahren, wie es der BSG hier annimmt, als Stichtagsgrenze zwischen der Bezeichnung als Jugendlicher zum Erwachsenen kann es, wenn man sich mal in anderen Rechtsgebieten umsieht nicht haben. Über diesen Ansatzpunkt hat auch kürzlich das Sozialgericht Braunschweig die gesetzliche Krankenkasse zur Kostentragung verpflichtet. (SG Braunschweig, 15.04.2010 - S KR 90/10) In diesem Urteil heißt es:
"Zwar markiert in Deutschland der 18. Geburtstag den Beginn der Volljährigkeit. Das bedeutet aber nicht zwingend, an diesem Tag vom Jugendlichen zum Erwachsenen zu werden. Eine solche "Stichtagsregelung" kennt unsere Rechtsordnung nicht. So können über 18-Jährige noch nach Jugendstrafrecht und Jugendgerichtsgesetz behandelt werden. Selbst Kindergeld kann sogar noch im 25. Lebensjahr bezogen werden."

Ein durch Gesetzesrecht und untergesetzliche Regelungen gedeckter Off-Label-Use liegt ebenfalls nicht vor. Die für die gesetzliche Krankenkasse geltende Arzneimittelrichtlinien "Verordnungsfähigkeit von zugelassenen Arzneimitteln in nicht zugelassenen Anwendungsgebieten" enthalten bis dato keine Angabe für Methylphenidat-Präparate. (Der Auftrag an die Experten des Gemeinsamen Bundesausschusses wurde zurückgegeben, weil ein Antrag auf Neuzulassung durch Pharmaunternehmen gestellt wurden - welche zurückgewiesen wurde. Ein neuer Auftrag an die Expertengruppe wurde bislang nicht wieder beschlossen.)

Das BSG lehnt aber auch sonst einen Off-Label-Use für methylphenidathaltige Arzneimittel ab. Zur Begründung führt es aus:
"Ein Off-Label-Use kommt danach nur in Betracht, wenn es 1. um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung geht, wenn 2. keine andere Therapie verfügbar ist und wenn 3. aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann. Abzustellen ist dabei auf die im jeweiligen Zeitpunkt der Behandlung vorliegenden Erkenntnisse. Dabei bedarf es eines positiven Wirksamkeitsnachweises nach den oben genannten und nachfolgend näher aufzuzeigenden Maßstäben."
Bei der Prüfung dieser Kriterien beschränkt sich der BSG auf 3. (positiver Verdacht auf Behandlungserfolg). Ein erwarten Lassen, dass methylphenidathaltige Arzneimittel in der konkreten Indikation zugelassen wird bestand nicht (man kann davon ausgehen, dass auch ein Jahr nach dieser Entscheidung keine andere ergangen wäre, da der erneute Antrag eines Pharmaherstellers im Juni 2010 abgelehnt wurde).
Das BSG führt weiter aus, dass auch keine erleichterten Voraussetzungen für einen Off-Label-Use, die über die bisherige BSG-Rechtsprechung hinausgehen, vorliegen. Der vorliegende Fall gab keinen Anlass, "die Anforderungen an einen zulassungsüberschreitenden Einsatz von Kinderarzneimitteln für Erwachsene zu modifizieren."
Ein solche Anpassung käme nur in Betracht, wenn
"der Versicherte in der Zeit unmitellbar vor Vollendung des 18. Lebensjahres mit einem nur für Kinder und Jugendliche zugelassenen Arzneimittel indikationsbezogen versorgt wurde und er nach Erreichen des 18. Lebensjahres an derselben Krankheit leidet, die auch nach einem solchen "Stichtag" auf andere Weise nicht angemessen behandelt werden kann."

Weiter führt der BSG aus: "Sollte das Risiko-Nutzen-Potenzial beim Fortgebrauch eines für Kinder zugelassenen und im Kindes- und Jugendlichenalter schon unmittelbar vor Erreichen des 18. Lebensjahrs angewandten Arzneimittels auch bei Überschreiten der Schwelle zur Volljährigkeit im Wesentlichen gleich geblieben sein, bedürfte es jedenfalls einer besonderen Rechtfertigung, die nahtlose Weiterversorgung des Betroffenen mit dem begehrten Mittel abzulehnen."
Nach dieser Einschätzung des BSG hängt der besondere Off-Label-Use von methylphenidathaltige Arzneimitteln demnach von dem Alter in Verbindung mit der vorher - nachher Anwendung zusammen. Im vorliegenden Fall wird als zusätzliche Begründung das besondere Suchtpotential dieser Arzneimittel angeführt, welches bei jungen Erwachsenen höher eingeschätzt wird als bei "einem ggf nur vorübergehenden bzw schon gefestigt kontrollierten Einsatz der Mittel im Kindesalter, der dann nach dem 18. Lebensjahr fortgesetzt werden soll."
Über diese Betrachtungsweise lässt sich sicherlich streiten. Eine Quellenangabe zu diesem Gedankengang weist das Urteil jedenfalls nicht auf. Es bleibt abzuwarten, wie sich das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in naher Zukunft entscheiden wird.
Bis dahin brauchen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für methylphenidathaltige Arzneimittel, welche erst nach dem 18. Lebensjahr erstmals verschrieben werden sollen nicht zu tragen. Für einen "beyond-Label-Use" sollte die gesetzliche Krankenkasse allerdings in der Regel die Kosten tragen.